Warum klebt dasselbe Klebeband auf unterschiedlichen Untergründen nicht gleich gut? Alles eine Frage von Oberflächenenergie und Oberflächenspannung! Tintentest und das nötige Wissen helfen Ihnen herauszufinden, wie gut sich ein Untergrund benetzen und verkleben lässt.
Oberflächenenergie: Wie kann man mit einer Tintenkugel in die Zukunft sehen?
Technologien
Wie fest ein Klebeband auf einem Untergrund haftet, liegt auch daran, wie viel Oberflächenspannung dieser hat. Der „Tintentest“ zeigt es.
Oberflächen: Spannung und Energie
Oberflächenspannung und Oberflächenenergie sind zwei verschiedene Dinge. Sehr vereinfacht kann man sich das so vorstellen: In einer Flüssigkeit streben die Moleküle nach allen Seiten, ihre gegenseitigen Anziehungskräfte gleichen sich vollständig aus. An der Oberfläche sieht das anders aus: Hier wirken keine Anziehungskräfte von oben, die Moleküle streben also nach innen, in die Flüssigkeit hinein.
Es bildet sich eine nach außen abschließende „Haut“, die an der Luft von der Oberflächenspannung zusammengehalten wird. Oberflächenspannung ist der Grund dafür, dass Flüssigkeiten ihre Oberfläche möglichst gering halten wollen. Darum nimmt ein Tintentropfen nach Möglichkeit die dafür perfekte Form einer Kugel an. Oberflächenenergie ist hingegen das Maß an Energie, das es braucht, um die Bindungen aufzubrechen, damit eine neue Oberfläche entstehen kann. Bei Flüssigkeiten werden beide Begriffe oft synonym verwendet.
Hohe Energie, feste Bindung
Die Oberflächenenergie eines Materials entscheidet darüber, wie gut ein Klebeband darauf verklebt werden kann. Grundsätzlich gilt: Je höher die Oberflächenenergie eines Materials, desto besser klebt das Klebeband oder die Klebmasse. Denn die hohe Oberflächenenergie sorgt dafür, dass die Klebmasse schnell eine neue Oberfläche bilden kann und breit auf den Untergrund auffließt. Ein einfacher „Trick“ zur Messung der Oberflächenenergie ist der Tintentest. Dieser ist so simpel wie schlüssig: Auf Untergründen mit hoher Oberflächenenergie verläuft die Tinte gleichmäßig, sie sind folglich einfach zu benetzen. Bei Untergründen mit niedriger Oberflächenenergie bleibt der Tintentropfen eine Kugel und perlt ab. Diese Untergründe sind schlecht zu benetzen.
Der Blick in die Tintenkugel
So lässt sich mit einer Tintenkugel also auch in die Zukunft sehen: Die Oberflächenspannung zu messen ist nämlich hilfreich, wenn man sich nicht ganz sicher ist, wie der zu beklebende Untergrund beschaffen ist. Der Oberflächenspannung-Tintentest ist in solchen Situationen durch seine einfache und schnelle Anwendung ein zuverlässiges Tool. Das Beste daran: Auch zu Hause kann man ganz leicht die Oberflächenspannung messen. Tinte einfach tröpfchenweise auf die zu beklebende Oberfläche auftragen und zusehen, wie und ob die Tropfen sich verformen oder zerfließen. Denn ähnlich würde sich auch die Klebmasse verhalten: indem sie breit auf die Oberfläche auffließt oder eben nicht.
Wo klebt es sich am besten?
Niederenergetische Oberflächen, wie zum Beispiel Kunststoffe, bieten eine niedrige Benetzbarkeit – die Tintentropfen perlen von der Oberfläche ab. Das gilt genauso für Klebstoff. So sind zum Beispiel Kunststoffe durch ihre niederenergetischen Oberflächen eine besondere Herausforderung. Wählt man ein ungeeigneteres Klebeband, wird es sich leichter wieder ablösen. Als schwierige Oberflächen mit schlechten Haftungseigenschaften gelten unter anderem Polyethylen (PE), Polystyrol (PS), Polytetrafluorethylen (PTFE), Polypropylen (PP), Silikone oder Pulverbeschichtungen.
Demgegenüber gibt es Materialien mit hochenergetischen Oberflächen. Sie können sehr einfach mit Klebstoff benetzt werden. Die Klebmasse breitet sich flächig und gleichmäßig auf dem Untergrund aus. Zu hochenergetischen Flächen zählen Stahl, Aluminium, Polyvinylchlorid (PVC) und Polycarbonat (PC). Sie lassen sich leicht und zuverlässig verkleben.
Aber auch für alle, die Oberflächen mit niedriger Spannung bekleben möchten, gibt es Lösungen. Entscheidend für das Ergebnis der Klebverbindung ist nicht das Ergebnis der Messung. Oberflächenspannung kann nämlich durch Primer ganz einfach verändert werden. Er erhöht die Oberflächenenergie chemisch und stellt so eine gute Benetzbarkeit sicher. Übrigens: Gründliches Reinigen und Entfetten einer Oberfläche wirkt häufig Wunder. Auch hier wird die Oberflächenenergie verändert.
Keine runde Sache? Super!
Im Kern besagt der Oberflächenspannung-Tintentest vor allem eins: Wenn die Klebmasse nicht möglichst schnell zu mikroskopisch kleinen Kugeln werden möchte, wenn sie sich gut verteilt und es eben nicht „kugelrund“ läuft im Klebeband, dann haben Sie Ihren optimalen Partner für den zu verklebenden Untergrund gefunden.